Maqui wird als Beere mit außergewöhnlichem Nährstoffgehalt beworben. Pulver und Extrakte sollen gegen trockene Augen, bei Diabetes und gegen Entzündungen helfen. Ist das realistisch?
Was steckt hinter der Werbung zu Maqui-Beeren?
Nach Noni-, Açaí- und Goji-Beere folgte auf dem Markt der Nahrungsergänzungsmittel die exotische "Super-Beere" Maqui (Chilean wineberry) - auch wenn die "patagonische Superfrucht" inzwischen schon ein wenig von der in der EU ebenfalls neuartigen Haskap-Beere (blaue Heckenkirsche) abgelöst wurde.
Geworben wird vor allem mit einer "Stärkung des Immunsystems", einem "gewaltigen Gewichtsverlustpotential" oder auch mit der "starken Entgiftungsfunktion" auf Grund des angeblich "höchsten Anthocyangehalts von allen Lebensmitteln auf der ganzen Welt". Auch bei Entzündungen des Bewegungsapparates oder Herzproblemen sollen Nahrungsergänzungsmittel mit der Maqui-Beere helfen. Aufgrund des hohen ORAC-Wertes (das antioxidative Potential einer Substanz im Reagenzglas) der Maquibeere soll diese angeblich sogar chronische Krankheiten wie Krebs, Typ-2-Diabetes und Herzkrankheiten verhindern helfen.
Relativ neu sind Werbeaussagen, wonach der Verzehr spezieller bzw. hochdosierter Maqui-Extrakte in Kapselform mit dem Anthocyan Delphinidin bei trockenen Augen helfen, die Tränenproduktion erhöhen oder eine Alternative zu Augentropfen darstellen sollen. Hierbei handelt es sich oft um in der EU verbotene krankheitsbezogene Werbung. Auf der Verpackung entlarven sich die Hersteller dann auch selber, in dem sie die positive Wirkung auf die Augen "Aufrechterhaltung der normalen Sehkraft" nur noch den zugesetzten Vitaminen A und B2 zuschreiben, also erlaubten gesundheitsbezogenen Werbeaussagen.
Außerdem werden Maqui-Extrakte angeboten zur besseren Regulierung des Blutzuckerspiegels. Hier findet man das gleiche Muster: Auf der Verpackung lautet die Wirkungsbeschreibung nur noch "Aufrechterhaltung eines normalen Blutzuckerspiegels und Stoffwechsels" und bezieht sich auf das zugesetzte Chrom. Tatsächlich zeigt eine kleine chilenische Studie für einen ganz bestimmten Extrakt dosisabhängige Auswirkungen auf den Insulinspiegel (bessere Verfügbarbarkeit bei niedriger Dosierung, schlechter bei höherer Dosis), nicht aber auf den Blutzuckerspiegel.
Die in Maquibeeren enthaltenen Anthocyane gehören zur Gruppe der Antioxidantien, die im Körper Radikale abfangen. Radikale entstehen bei normalen Stoffwechselprozessen und können Zellen schädigen oder auch natürliche Alterungsprozesse beschleunigen. Die frischen Maqui-Beeren enthalten besonders viel Anthocyan, einen blauen Pflanzenfarbstoff, der zu den sekundären Pflanzenstoffen zählt. Wie hoch der Gehalt an Anthocyanen in dem zu Saft, Pulver oder Extrakt verarbeiteten Produkt allerdings ist, ist meist nicht untersucht oder ersichtlich. Auch inwieweit die Extrakte überhaupt vom Körper aufgenommen werden (Bioverfügbarkeit) und tatsächlich gesundheitliche Wirkungen entfalten, ist bisher nur wenig untersucht. Bisherige Untersuchungen gehen von etwa einem Prozent Bioverfügbarkeit der Anthocyane aus. Bei einer deutschen Untersuchung mit einem standardisierten Maqui-Extrakt mit (nur) 12 Personen, konnte eine kurzzeitige Erhöhung ausgewählter Anthocyane (wenige Stunden) festgestellt werden. Welche Auswirkung/Bedeutung das hat, ist jedoch nicht bekannt. Derartige Studien sind nicht ohne Weiteres auf Nahrungsergänzungsmittel übertragbar, da es für diese Lebensmittelgruppe weder Extrakt-Definitionen noch Standardisierungen gibt.
Delphinidin ist eines der enthaltenen Anthocyane mit blauvioletter Färbung. Es ist beispielsweise der dominierende Farbstoff der roten Weintraube Cabernet Sauvignon, aber auch in schwarzen Johannisbeeren enthalten. Studien, die Wirkungen in Bezug auf verschiedenen Krebserkrankungen zeigen, basieren bisher lediglich auf Zelluntersuchungen, die sich nicht ohne weiteres auf den Menschen bzw. den menschlichen Körper übertragen lassen.
Auf was sollte ich bei der Verwendung von Maqui-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln achten?
- 100 g Maquiberry-Fruchtpulver enthalten durchschnittlich insgesamt 5 g Polyphenole. Daraus wurde eine empfohlene Aufnahmemenge von 1,5 – 2 g (1/2 Teelöffel) Maquiberry-Pulver pro Portion abgeleitet.
- Eine der häufigsten Nebenwirkungen von Maqui-Beerenpulver sind Verdauungsbeschwerden wie Blähungen oder Durchfall, insbesondere beim Verzehr großer Mengen.
- Während der Verzehr des Fruchtpulvers als sicher gilt, ist das Wissen zu Maqui-Extrakten sehr lückenhaft. Es liegen kaum wissenschaftliche Studien zu möglichen (Langzeit-)Risiken, Wechselwirkungen mit Medikamenten oder auch zur Bioverfügbarkeit vor, zumal Extrakte im Lebensmittelbereich nicht definiert sind. Es könnte sich im Prinzip also auch um Blattextrakte handeln. Achten Sie auf die Zutatenliste.
- Wer Diabetes-Medikamente einnimmt, sollte besonders vorsichtig ein, das es möglicherweise zu einer Wirkungssteigerung und damit zu einem rapiden Abfall des Blutzuckerspiegels kommen kann.
- Wenn auf der Packung mit dem Anthocyan-Gehalt geworben wird, müssen in der Nährwerttabelle auch Mengenangaben dazu gemacht werden.
- Das Bundesinstitut für Risikobewertung rät grundsätzlich zur Vorsicht bei neuen Pflanzenstoffen bzw. deren Extrakten. Auch gibt es bisher weder Empfehlungen, wie viele Anthocyane man zu sich nehmen soll bzw. bis zu welcher Menge Anthocyane pro Tag sicher sind. Damit bergen Nahrungsergänzungsmittel prinzipiell ein gewisses Risiko, eine zu hohe Menge an Anthocyanen zu sich zu nehmen. Allerdings sind die Hersteller in der Pflicht, nur sichere Nahrungsergänzungsmittel zu verkaufen. Schwierigkeiten sind hier vor allem beim Einkauf aus dem Nicht-EU-Ausland zu erwarten.
- Bei natürlichen Lebensmitteln besteht die Gefahr einer zu hohen Zufuhr nicht, daher gibt es auch keine Probleme mit Beeren, Saft oder Fruchtpulver. Es spricht daher nichts gegen einen reichlichen Verzehr anthocyanhaltiger Gemüse oder Früchte – im Rahmen einer insgesamt abwechslungsreichen Ernährung.
Was sind Maqui-Beeren?
Die Maqui-Beeren (Chilenische Weinbeere, Aristotelia chilensis) sind kleine, tief violette Beeren – ähnlich der Heidelbeere. Es sind die Früchte des Maqui-Baums, der in Patagonien (Chile) beheimatet ist. Die Früchte können roh oder getrocknet verzehrt werden. Weil sie sich aber schlecht lagern lassen, werden sie meistens zu Saft gepresst oder zu Fruchtpulver verarbeitet und so auch nach Europa zur Weiterverarbeitung exportiert.
Fruchtpulver aus Maqui-Beeren ist nach Novel-Food-Verordnung als sicheres, traditionelles Lebensmittel aus einem Nicht-EU-Land anerkannt. 100 Gramm des Beerenpulvers enthalten durchschnittlich etwa 5 Gramm Polyphenole, darunter Anthocyane. Als übliche Portionsgröße wird ein halber Teelöffel (1,5 bis 2 Gramm ) angegeben.
In Nahrungsergänzungsmitteln finden allerdings vor allem anthocyanhaltige Maqui-Beeren-Extrakte Verwendung. Ein Extrakt mit einem sehr hohen Anthocyan-Extrakt (60 Prozent) gilt jedoch als Erzeugnis eigener Art (Aliud), da dieser Extrakt nichts mehr mit dem zugelassenen Ausgangsmaterial, den Maquibeeren, zu tun habe, und somit nicht von der Zulassung von Maqui als traditionelles Lebensmittel gedeckt ist. Er bedarf daher nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg einer eigenen Zulassung.
Welche Inhaltsstoffe sind in Maqui-Beeren enthalten?
Maqui-Beeren haben einen hohen Gehalt an Anthocyanen. Er ist umso höher, je reifer die Frucht ist. Anthocyane zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen mit antioxidativer Wirkung. Zum Gehalt liegen in offiziellen Nährwertdatenbanken keine Informationen vor. Fachartikel nennen einen durchschnittlichen Anthocyan-Gehalt von 137 mg pro 100 g Frischfrucht und 212 mg pro 100 g getrockneter Frucht. In einigen kleinen Studien ist beschrieben, dass Maqui-Beeren, ähnlich wie auch die Heidelbeere oder Brombeere, neben Anthocyanen wie Anthocyanin oder Delphinidin, verschiedene Vitamine, zum Beispiel Vitamin C, und Mineralstoffe enthalten.
Wie hoch die Menge dieser Inhaltsstoffe in dem zu Saft, Pulver oder Extrakt verarbeiteten Produkt ist, ist allerdings meist nicht untersucht und kann von Produkt zu Produkt auch sehr unterschiedlich sein. Wird ein solcher Mikronährstoff auf der Verpackung oder in der Werbung allerdings namentlich erwähnt, müssen auch genaue Mengen genannt werden. Mehr dazu finden Sie im Artikel zur Kennzeichnung von Nahrungsergänzungsmitteln.