Seit dem 1. Januar 2022 darf in Deutschland kein Eintagsküken mehr wegen seines Geschlechts getötet werden. Entweder werden die männlichen Küken aufgezogen oder das Geschlecht bereits im Brutei bestimmt. Dennoch ist ein genauer Blick wichtig, ob hinter einem Ei im Handel nicht doch Kükentöten steht.
Früher war es auf den bäuerlichen Betrieben so, dass die Hennen für die Eiproduktion und die männlichen Tiere für das Hähnchenfleisch gehalten wurden. Doch Mitte des letzten Jahrhunderts sind die Hühner auf zwei unterschiedliche Zwecke hin gezüchtet worden: Heute gibt es die Rassen der Hochleistungs-Legehennen und die Rassen der Masthühner. Die männlichen Küken der Legehühnerrassen legen natürlich keine Eier und ihre Mast lohnt sich wirtschaftlich gesehen nicht. Denn im Vergleich zu den Masthühnerrassen setzen diese Tiere nur sehr langsam Fleisch an. Daher wurden sie bisher in der Regel direkt nach dem Schlüpfen getötet. Das betrifft alle Haltungsformen – auch die "Brüder" der Bio-Legehennen.
In Deutschland wurden jedes Jahr rund 45 Millionen männliche Küken auf diese Weise "entsorgt". Das betraf nur die männlichen Küken der Legerassen. Bei den Masthühnern wurden keine Küken getötet, da hier beide Geschlechter gemästet werden.
Töten der Eintagsküken ist jetzt per Gesetz verboten
In Deutschland ist per Gesetz das Töten von männlichen Eintagsküken verboten. Im §4c des Tierschutzgesetzes steht, dass es verboten ist, Küken von Haushühnern der Art Gallus gallus zu töten. Entweder werden nun in Deutschland die männlichen Küken der Legehühnerrassen aufgezogen oder das Geschlecht der Embryonen wird in den Brütereien in Deutschland bereits im Brutei bestimmt und die Eier mit männlichen Embryonen werden aussortiert und nicht ausgebrütet (siehe unten).
Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) kritisiert das Gesetz "als nationalen Alleingang der Bundesregierung", der Wettbewerbsnachteile für die deutsche Geflügelwirtschaft bringe. Denn dieses Gesetz gelte nur für Brütereien in Deutschland. Ausländische Brütereien können weiterhin die männlichen Küken am ersten Lebenstag töten.
"Deutsche Eier" garantieren nicht automatisch "ohne Kükentöten"
Das Gesetz bedeutet nicht, dass grundsätzlich für deutsche Eier keine Eintagsküken mehr getötet werden. Hintergrund dafür ist die Arbeitsteilung, die viele Betriebe vornehmen: Oft finden das Schlüpfen und die Aufzucht der Küken in anderen Betrieben statt als später dann die Haltung und das Eierlegen der erwachsenen Tiere. Das heißt: Legehennenbetriebe in Deutschland können Junghennen beziehen, die in ausländischen Brütereien geschlüpft sind, die auch weiterhin männliche Eintagsküken töten.
Die Eier dieser Legehennen können als deutsche Eier verkauft werden. Wer diese Eier nicht kaufen möchte, muss weiterhin auf die Kennzeichnung "ohne Kükentöten" achten.
Supermärkte werben auf Eierpackungen mit dem Logo "ohne Kükentöten"
In vielen Geschäften findet man Eier, die mit dem Logo "ohne Kükentöten" werben. Aldi, Kaufland, Lidl, Edeka und Rewe machen so darauf aufmerksam, dass für ihre Schaleneier keine männlichen Küken mehr sterben müssen.
Vermieden wird das Kükentöten entweder durch die Geschlechtsbestimmung im Ei oder durch die Aufzucht der Bruderhähne. Doch welches Verfahren jeweils angewendet wird, wird auf den Eierpackungen nicht gekennzeichnet.
Die alleinige Angabe "ohne Kükentöten" auf Eierpackungen ist nicht verbraucherfreundlich
Um die Verbrauchererwartungen und -einstellungen zum Thema "Kükentöten" zu ermitteln, haben die Verbraucherzentralen vom 3. bis 7. Dezember 2020 eine repräsentative Verbraucherumfrage von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) durchführen lassen.
Die Ergebnisse zeigen, dass fast drei Viertel der Befragten fordern, dass auf jeder Eierpackung mit der Kennzeichnung "ohne Kükentöten" deutlich über die eingesetzte Methode (Geschlechtsbestimmung im Brutei oder Bruderhahnaufzucht) informiert werden muss.
Doch dazu ist der Handel nicht bereit. Mehrfache Versuche der Verbraucherzentrale NRW, mit dem Handel in einen konstruktiven Austausch zu kommen, scheiterten.
Immerhin kann man auf der Internetseite von KAT, dem Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen e.V., der viele Eier im deutschen Einzelhandel kontrolliert (www.was-steht-auf-dem-ei.de) den Hinweis finden, ob und mit welcher Methode das Kükentöten verhindert wurde.
Denn KAT hat das Verbot des Tötens der männlichen Eintagsküken in seine Vorschriften für alle KAT-Betriebe übernommen. Das bedeutet, dass spätestens ab dem 1. Januar 2024 alle KAT-zertifizierten Eier - unabhängig davon, ob die Eier in Deutschland oder einem anderen europäischen Nachbarland gelegt wurden –, nur noch von Hennen stammen dürfen, deren "Brüder" nicht getötet wurden.
Die lange Übergangszeit ist dadurch begründet, dass KAT das Verbot des Tötens der männlichen Eintagsküken für seine Mitgliedsbetriebe erst mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2022 vorgeschrieben hat. KAT-Legehennen, die bis zum 31. Dezember 2021 geschlüpft sind, fallen noch nicht unter diese Vorschrift. Diese werden circa 17 Wochen aufgezogen, bis sie 70 bis 90 Wochen lang Eier legen können. Addiert man die Dauer der Aufzucht und die der Legeleistung, so ergibt sich ein Zeitraum von maximal 2 Jahren.
Deutsche Eier (zum Beispiel vom Wochenmarkt oder beim Ab-Hof-Verkauf), die nicht über KAT zertifiziert sind, können von Verbraucher:innen nicht über diese Website überprüft werden.
Überblick über Initiativen, die die Brüder der Legehennen aufziehen
Wer Eier konsumiert, hat schon seit einigen Jahren Alternativen, um das frühe Töten zu verhindern. Das Prinzip ist bei allen gleich: Der Eier-Preis beinhaltet einen Aufschlag, mit dem die teure Mast der Legehennen-Brüder quersubventioniert wird. Durch Zuschuss aus dem Eier-Verkauf bleibt das Fleisch der Hähne bezahlbar. Einige Initiativen, die bundesweit oder in weiten Teilen Deutschlands aktiv sind, stellen wir nachfolgend vor. Darüber hinaus gibt es weitere regionale Initiativen. Wir bitten um Verständnis, dass wir keinen abschließenden Überblick geben können.