Als letztes Bundesland bekam Bremen 1961 eine Verbraucherzentrale. 1962 startete die Beratung. In den Anfangsjahren war Rat in Haushaltsangelegenheiten gefragt, heute sind es Probleme mit Mobilfunkverträgen oder Inkassounternehmen. “Dauerbrenner“ sind Themen aus den Bereichen Energie und Ernährung.
Als letztes Bundesland bekam Bremen 1961 eine Verbraucherzentrale. 1962 startete die Beratung. In den Anfangsjahren war Rat in Haushaltsangelegenheiten gefragt, heute sind es Probleme mit Mobilfunkverträgen oder Inkassounternehmen. “Dauerbrenner“ sind Themen aus den Bereichen Energie und Ernährung.
Themen im Wandel der Zeit
„Wir blicken zurück auf 60 ereignisreiche Jahre“, sagt Annabel Oelmann, Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen. Verbraucherschutz hat stark an Bedeutung gewonnen. Die Verbraucheraufklärung begann vor sechzig Jahren in Bremen mit „klassischen Hausfrauenthemen“, wie Kochen, Elektrogeräteauswahl für den Haushalt und gesunder Ernährung. Die Zeiten änderten sich. Die Verbraucherzentrale wurde Ende 1961 gegründet und startete ihre Beratung im Jahr 1962. Zu dieser Zeit war ein Festnetzanschluss nur wenigen Haushalten vorbehalten und lange Zeit gab es nur einen einzigen Telekommunikationsanbieter am Markt. In den letzten Jahrzehnten ist die Welt deutlich komplexer geworden. Globalisierung, Liberalisierung und Digitalisierung haben sich massiv verändert. Heute sind Festnetztelefon, Mobiltelefon und Internet fast in jedem Haushalt selbstverständlich. „Die Beratungsthemen haben sich im Laufe der Jahre gewandelt und das Bedürfnis der Bürger nach unabhängiger Beratung ist gestiegen. Die Beratung bei Problemen rund um Telekommunikation, beispielsweise zu langsames Internet, ist bei uns besonders stark nachgefragt“, so Annabel Oelmann, seit 2016 Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen. Neue Finanzprodukte, wie ethisch ökologische Geldanlagen, sind gefragt und bei steigenden Energiepreisen und Nachhaltigkeitsbewusstsein hat Energiesparen weiterhin eine hohe Bedeutung.
„60 Jahre heißt auch 60 Jahre im Einsatz für die Bremerinnen und Bremer. Der Verbraucherschutz wird auch in Zukunft eine herausragende Rolle spielen. Die Verbraucherzentralen werden insofern weiterhin eine wichtige Aufgabe erfüllen müssen, worin wir sie gerne tatkräftig unterstützen“, sagt Claudia Bernhard, Bremer Senatorin für Gesundheit, Verbraucherschutz und Frauen. „Wie wandelbar und unverzichtbar sie dabei sein kann, hat die Verbraucherzentrale Bremen nicht zuletzt in der Corona-Pandemie gezeigt. Mit neuen, digitalen Angeboten und Beratungsmöglichkeiten konnte selbst in der Pandemie eine gute Beratung sichergestellt werden“, so Claudia Bernhard.
Krisen: Tschernobyl, BSE und Corona
Seit 60 Jahren reagiert die Verbraucherzentrale Bremen schnell und kompetent auf Krisen. Die Berater:innen bieten den Menschen in Bremen und Bremerhaven jederzeit Hilfe und unabhängige Information. Ob bei der Reaktorkatastrophe 1986 in Tschernobyl, beim BSE-Skandal ab 2000 oder in der aktuellen Corona-Pandemie. „Krisenzeiten sind Zeiten, in denen Verbraucher besonders verletzlich sind“, erläutert Annabel Oelmann. Auch die aktuelle Corona-Pandemie fordert die Menschen heraus. „Wir wurden von Anfragen regelrecht überrannt“, so Annabel Oelmann. Ein Kraftakt, der nur dank hoher persönlicher Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter:innen bewältigt werden konnte. „Nach zwei Jahren Corona-Pandemie sind viele Verbraucher:innen am Ende ihrer Kräfte. Weniger Einnahmen trotz steigender Ausgaben lassen viele Verbraucher verzweifeln: der Informations- und Beratungsbedarf bleibt ungebrochen hoch“, berichtet Annabel Oelmann
Beratung in den Quartieren
Fuhren die Berater:innen in den 1980er Jahren noch mit einem knallorangenen VW Bulli von Wochenmarkt zu Wochenmarkt; so erreicht die Verbraucherzentrale Bremen heute die Verbraucher:innen vor allem in den Infozentren in Bremen-Mitte und in Bremerhaven. Zusätzlich gibt es wöchentliche, kostenlose Quartiersberatungen in den Stadtteilen: Huchting, Huckelriede, Gröpelingen, Hemelingen, Obervieland, Osterholz-Tenever und Bremerhaven-Lehe. Diese gehören zum „Modellvorhaben zur unabhängigen Rechtsberatung im Quartier“. Das Projekt wird gefördert von Claudia Bernhard, der Bremer Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz. „Wir erreichen hier Menschen, die den Weg ins Infozentrum nicht schaffen“, sagt Annabel Oelmann.
Insolvenz in Eigenregie
In den sechzig Jahren gab es für die Verbraucherzentrale viele Hürden und finanzielle Engpässe. Das Jahr 2019 war für die Verbraucherzentrale Bremen, die immer eine zuverlässige und helfende Ansprechpartnerin ist, eine besondere Herausforderung. Im Februar 2019 brauchte die Verbraucherzentrale plötzlich selbst Hilfe, denn der Verein muss einen Insolvenzantrag stellen und das nicht wegen mangelnder Liquidität. Ein Formfehler im Musterarbeitsvertrag, der bereits 15 Jahre zuvor falsch übernommen wurde, zwang die Verbraucherzentrale zu diesem Schritt. Mit Rückhalt aus dem Betriebsrat und dem Verwaltungsrat ging die Verbraucherzentrale den Weg der Sanierung in Eigenverwaltung bei laufendem Betrieb. Das Ziel der Sanierungsinsolvenz ist der Erhalt des Vereins und nicht wie bei der klassischen Insolvenz die Abwicklung. Im Oktober 2019 wurde das Verfahren erfolgreich beendet. „Dieser harte Weg war erforderlich. Nur so konnten der Verein und alle Arbeitsplätze gerettet werden“, so Annabel Oelmann.
Stark an der Seite der Verbraucher:innen
Die Verbraucherzentrale ist im Land Bremen eine Institution. Sie ist unabhängig und das wissen die Bürgerinnen und Bürger in Bremen und Bremerhaven. Das Themenspektrum ist breit und in den sechs Jahrzehnten stetig gewachsen. „Die Fachkompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist hoch – immer steht der Mensch mit seinem jeweiligen Anliegen im Mittelpunkt. Die Verbraucherzentrale Bremen verhilft Menschen zu ihrem Recht, sie stärkt und macht Mut“, sagt Stephanie Dehne, Vorsitzende des Verwaltungsrates der Verbraucherzentrale Bremen.
„Der Verbraucherschutz hat stark an Bedeutung gewonnen und ist gefragter denn je – deshalb lautet unser Motto für die Zukunft: „Volle Kraft voraus!“ Aufdecken. Anklagen. Ändern“, sagt Annabel Oelmann und ergänzt: „Egal ob bei Einkauf oder Vertragsschluss, wir informieren und beraten Verbraucher zu zahlreichen Herausforderungen des Verbraucheralltags. Wir treten unfairen Geschäftspraktiken entgegen und setzen uns auf politischer Ebene für einen besseren Verbraucherschutz ein.“