- Supermärkte und Discounter bieten kaum Fleisch aus besseren Haltungsstandards an
- Das „Haltungsform-Label“ ist kein Tierwohllabel. Die Verbraucherzentralen fordern schnellstmöglich eine aussagekräftigere staatliche Tierwohlkennzeichnung
- Für mehr Tierwohl ist zusätzlich der ambitionierte Umbau der gesamten Nutztierhaltung notwendig
Wer seinen Weihnachtsbraten aus besserer Haltung auftischen möchte, hat es schwer
Auch anderthalb Jahre nach Einführung des Haltungsform-Labels bieten Supermärkte und Discounter noch immer nur ein geringes Angebot an Fleisch mit höheren Standards. Das zeigt ein bundesweiter Marktcheck der Verbraucherzentralen bei mehr als 1.700 verpackten Fleischprodukten aus rund 30 Geschäften.
Auswahl bei Fleisch aus deutlich besserer Tierhaltung – Fehlanzeige
87 Prozent des überprüften Fleischangebotes stammt aus den Haltungsformen 1 und 2. „Das entspricht gerade einmal dem gesetzlichen Mindeststandard oder liegt knapp darüber“, so Sonja Pannenbecker, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Bremen. „Von Tierwohl kann hier keine Rede sein.“ Aus Haltungsform 4 mit den besten Standards stammt rund zehn Prozent des Angebots. Haltungsform 3 macht mit nur drei Prozent einen verschwindend geringen Anteil aus. „Das schränkt die Auswahl beim Einkauf erheblich ein“, so Sonja Pannenbecker.
88 Prozent des Fleisches aus Haltungsform 2 war Geflügelfleisch und zwölf Prozent Schweinefleisch. Nur ein Drittel der Geschäfte bot überhaupt Fleisch aus der Haltungsform 3 an, darunter war nur ein Rindfleischprodukt. Der Rest teilt sich je zur Hälfte auf, in Schwein- und Geflügelfleisch.
Kaum Entwicklung im Fleischangebot mit mehr Tierwohl
Seit April 2019 kennzeichnen acht Handelsunternehmen ihre Fleischprodukte einheitlich mit dem Label „Haltungsform“. Dieses vierstufige, freiwillige Label zeigt, wie die Tiere gehalten wurden. Kurz nach der Einführung des Labels hatten die Verbraucherzentralen einen ersten Marktcheck durchgeführt. Im aktuellen Marktcheck wollten sie wissen, wie sich das Fleischangebot der einzelnen Stufen im Vergleich zum Vorjahr verändert hat und stellten kaum Veränderungen fest.
Transparenz und Verfügbarkeit verbessern
„Damit Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Fleisch aus besserer Tierhaltung kaufen können, müssten Schweine-, Rind- und Geflügelfleisch auch in der "Haltungsform" 3 und 4 gut verfügbar sein“, so Sonja Pannenbecker. „Davon sind die Handelsketten derzeit jedoch weit entfernt.“ Wenn Händler ihren Kunden mehr Orientierung bieten wollen, müssten sie die „Haltungsform“ zumindest konsequent auch an Bedientheken und auf Wurstwaren kenntlich machen und besser über die Kriterien des Labels informieren.
Die vierstufige Kennzeichnung des Handels ist kein Tierwohllabel und kann auch nicht flächendeckend für mehr Tierwohl in den Ställen sorgen. Mehr Platz und Einstreu im Stall sind noch kein Garant für besseres Tierwohl. Für verlässliche Aussagen zum Tierwohl müssen verhaltens- und gesundheitsbezogene Parameter wie Lahmen, Bissverletzungen, Organbefunde usw. in der Tierhaltung und am Schlachthof systematisch erhoben und ausgewertet werden. Die Haltungsform-Kennzeichnung ist deshalb nicht mehr, als eine Übergangslösung.
Die Verbraucherzentralen fordern, schnellstmöglich die aussagekräftigere staatliche Tierwohlkennzeichnung einzuführen.
„Um das Leben aller Nutztiere zu verbessern und flächendeckend für mehr Tierwohl zu sorgen, ist zusätzlich der ambitionierte Umbau der gesamten Nutztierhaltung notwendig“, so Sonja Pannenbecker. Dazu braucht es ein klares Bekenntnis von Bundesregierung und Bundesländern, für alle Tierarten gesetzliche Mindeststandards, sowie Zielwerte für die messbaren Tiergesundheits- und Tierwohlparameter einzuführen und schrittweise verbindlich anzuheben.
Mehr Informationen zum Marktcheck und zu den Ergebnissen sind zu finden unter: www.verbraucherzentrale-bremen.de/haltungsform-fakten
Diese Information ist im Rahmen eines vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Ernährungsprojekts entstanden.