L-Arginin soll die Potenz steigern und die Durchblutung fördern. Ein Mangel ist aber selten - und nur dann würde diese Aminosäure nützlich sein.
L-Arginin und die Potenz
Arginin soll die Durchblutung steigern und dadurch die Erektionsfähigkeit verbessern: "Für deutliche Leistungssteigerung - auch im Bett", "Mehr Ausdauer plus härtere Erektion", "gegen Potenzschwäche und zur Verbesserung der Erektionsfähigkeit", "Arginin ist ein natürliches Potenzmittel" - die Werbung für Nahrungsergänzungsmittel mit der Aminosäure L-Arginin weckt bei Männern große Hoffnungen. Manchmal werden sie von Herstellern aber auch geradezu veralbert wie mit einem Produkt „für Weihnachtsmänner“ oder „Gartenzwerge“, mit dem das geltende Recht umgangen werden sollte.
Einige klinische Studien zeigten positive Effekte von Arginin bei leichten und mittleren Erektionsstörungen. Häufig wird in solchen Studien die kombinierte Wirkung von Arginin mit Arzneistoffen wie Sildenafil oder Tadalafil oder mit Pflanzenstoffen untersucht, auch sind die eingesetzten Dosen an Arginin unterschiedlich hoch. Daher sind die Studienergebnisse uneinheitlich und oft widersprüchlich.
In der aktuell geltenden ärztlichen Leitlinie zu den Behandlungsmöglichkeiten einer erektilen Dysfunktion, wie Potenzschwäche oder verminderte Erektionsfähigkeit medizinisch bezeichnet wird, wird L-Arginin nicht genannt.
Gesundheitsbezogene Aussagen für Nahrungsergänzungsmittel, sogenannte Health Claims, müssen von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA wissenschaftlich geprüft und von der EU zugelassen sein. Für L-Arginin in Nahrungsergänzungsmitteln gibt es keine zugelassenen Gesundheitsversprechen. So erfolgt die Werbung mit einem gesundheitlichen Nutzen oft über andere zugesetzte Stoffe, wie Selen und Zink. Diese Stoffe werden dann mit (erlaubten) Aussagen beworben, die einen indirekten Bezug zu Potenz und sexueller Leistungsfähigkeit haben. Das können z.B. sein "Vitamin B2, B6, B12 und Eisen - trägt zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei" oder "Vitamin C, Magnesium und Eisen - trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei". Die Mineralstoffe Zink und Selen dürfen mit einem "Beitrag zum normalen Testosteronspiegel" bzw. "zur normalen Spermienbildung" angepriesen werden.
Häufig sind Koffein oder Guarana als koffeinhaltige Pflanze enthalten. Die Koffeinmenge kann durchaus der von ein bis zwei Tassen Kaffee entsprechen. Koffein hat bekanntermaßen eine durchblutungsfördernde Wirkung.
Exotische Pflanzen wie Besenreifkraut, Juckbohnen (Mucuna pruriens) oder Sandmalve sind in der Europäischen Union keine traditionellen Lebensmittelpflanzen und nicht als Bestandteile von Nahrungsergänzungsmitteln zugelassen. Vorsicht auch beim angeblichen Testosteron-Booster Tribulus terrestris (Erdsternchen).
Arginin und Blutdruck
Arginin wird auch gerne als Fitmacher fürs Herz bezeichnet. Arginin ist wichtig für die Bildung von Stickstoffmonoxid im Körper. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Stickstoffmonoxid die Blutgefäße weitet und dadurch den Blutdruck leicht senkt. Dazu wurden in den Untersuchungen Dosen von 6 bis 8 Gramm Arginin pro Tag gewählt. Ob sich jedoch mit einer erhöhten Arginin-Zufuhr auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken lassen, ist derzeit nicht ausreichend geklärt. Als Arzneimittel und in ärztlicher Hand kann L-Arginin möglicherweise bei ganz bestimmten Erkrankungen der Gefäße (Arteriosklerose) hilfreich sein. Ob es jedoch Herz und Kreislauf wirklich schützt, kann aufgrund fehlender aussagekräftiger Studien nicht bewertet werden.
Von einer alleinigen Selbstmedikation mit Arginin und/oder Citrullin bei Bluthochdruck können wir allerdings nur abraten. Nahrungsergänzungsmittel können einen schwachen Effekt haben, der aber nicht ausreichen muss, um den Blutdruck effektiv zu senken. Bluthochdruck bedarf einer wirkungsvollen Therapie, die mit dem Arzt oder der Ärztin abgesprochen werden sollte.
Auf was sollte ich bei der Verwendung von L-Arginin-Produkten achten?
- Statt den Versprechungen für Nahrungsergänzungsmittel zu vertrauen, sollten Sie zunächst das ärztliche Gespräch suchen.
- Erektionsschwäche kann ein wichtiger Hinweis auf eine zugrundeliegende Krankheit sein, zum Beispiel auf Verengungen der Blutgefäße des Herzens. Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Potenzschwäche sind wenig Bewegung, Übergewicht, Rauchen und erhöhte Cholesterinwerte. Eine Lebensstiländerung führt häufig schon zu einer deutlichen Verbesserung der Potenzstörung.
- Ohne ärztliche Kontrolle sollten Sie Arginin-Präparate bei Herz-Kreislauferkrankungen auf keinen Fall einnehmen, da es zu Wechselwirkungen mit Blutdrucksenkern, Blutverdünnern und Potenzmitteln kommen kann. Wenn Sie bereits einen Herzinfarkt hatten, sollten Sie ganz darauf verzichten.
- Auf den L-Arginin-Produkten seriöser Hersteller finden Sie Warnhinweise für bestimmte Personengruppen. So sollten Sie etwa das Produkt nur nach ärztlicher Rücksprache verwenden, wenn Sie mit blutverdünnenden Arzneimitteln behandelt werden, zum Beispiel mit Marcumar. L-Arginin darf mit Medikamenten, die Nitrate enthalten, etwa Amylnitrit, oder potenzsteigernden Mitteln mit verschreibungspflichtigen Wirkstoffen wie Sildenafil, nur nach ärztlicher Rücksprache eingenommen werden.
- Arginin kann Allergien oder Asthma verschlechtern.
- Neben scheinbar ganz natürlichen Zutaten, wie L-Arginin und Pflanzenextrakten, sind nicht deklarierte Arzneistoffe in Potenzmitteln aus dem Internet leider keine Seltenheit. Sie können z. B. nicht angegebene verschreibungspflichtige Arzneisubstanzen wie die PDE-5-Hemmer Sildenafil oder Tadalafil oder nicht zugelassene ähnlich aufgebaute chemische Substanzen wie Sulfoaildenafil enthalten. Mehrere Lebensmittelüberwachungsämter raten deshalb dringend davon ab, Potenzmittel über das Internet zu bestellen.
- Verschreibungsfrei und wirksam gegen Durchblutungsstörungen sind reichlich Sport und Bewegung.
Was ist L-Arginin?
L-Arginin ist eine der stickstoffreichen Aminosäuren. Sie zählt zu den bedingt unentbehrlichen (semi-essentiellen) Aminosäuren, das heißt der Körper kann sie zwar selber bilden, doch reicht diese Menge in bestimmten Situationen nicht immer aus. Mit einer ausgewogenen Mischkost nehmen Sie schätzungsweise 5 bis 6 Gramm Arginin pro Tag auf. Sehr gute Arginin-Quellen sind Nüsse, Hülsenfrüchte, Soja, Mais, Reis, Rind- und Schweinefleisch.
Eine echte Unterversorgung mit L-Arginin ist nicht bekannt. Nur bei bestimmten Erkrankungen, wie Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes, wird weniger L-Arginin im Körper gebildet. Über eine ausgewogene Ernährung kann meist genug L-Arginin aufgenommen werden, um das auszugleichen.
L-Arginin und Arginin, was ist der Unterschied?
Der Buchstabe „L“, der vor Nährstoffen wie Ascorbinsäure (Vitamin C) oder Aminosäuren (z.B. Arginin, Asparaginsäure, Glutaminsäure) steht, erklärt die räumliche Anordnung der Moleküle.
Neben sogenannten „L-Formen“ (L für laevus (lat.)/links) gibt es noch die „D-Formen“(D für dexter (lat.)/rechts). Der Unterschied der beiden Formen liegt in ihrem spiegelverkehrten Aufbau. Im Fall der Aminosäuren und der Ascorbinsäure kann nur die L-Form von körpereigenen Enzymen erkannt und für den Stoffwechsel genutzt werden. Bei Glucose (Traubenzucker) zum Beispiel nur die D-Form.
Da meist nur eine der beiden Formen natürlich vorkommt und damit für den menschlichen Organismus nützlich ist, wird häufig auf das „L“ oder „D“ verzichtet. Trotzdem ist damit bei der Schreibweise „Ascorbinsäure“ oder „Arginin“ (z.B. auf Nahrungsergänzungsmitteln) die L-Form gemeint (also „L-Ascorbinsäure“, „L-Arginin“).