Ice, Ice, Baby: Echte Früchte oder Geschmack aus dem Labor?

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Am liebsten Schokolade-, Vanille- oder doch ein Fruchteis? Alle kleinen und großen Fans der kalten Leckerei finden nun wieder eine große Vielfalt in den Kühltruhen der Supermärkte. Zucker erwartet jeder, doch auch so viel Fett? Was steckt noch drin? Die Verbraucherzentrale Bremen hat nachgesehen.
Marktcheck Stieleis
Marktcheck Stieleis
  • Eis auf Milchbasis enthält im Durchschnitt deutlich mehr Fett und Zucker als Wassereis
  • Nicht überall wo Frucht draufsteht, ist auch Frucht drin, denn „Geschmack“ steht für zugesetztes Aroma
  • Kokosöl statt Palmöl im Eis – besseres Image trotz kaum vorhandener Nachhaltigkeitskriterien
  • Für manche gläubige Muslime ist der Eiskauf schwierig, denn das verwendete Aroma kann auf Alkoholbasis sein, hier sollten Hersteller nachbessern
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Am liebsten Schokolade-, Vanille- oder doch ein Fruchteis? Alle kleinen und großen Fans der kalten Leckerei finden nun wieder eine große Vielfalt in den Kühltruhen der Supermärkte. Zucker erwartet jeder, doch auch so viel Fett? Was steckt noch drin? Die Verbraucherzentrale Bremen hat nachgesehen.

49 Stieleissorten hat die Verbraucherzentrale Bremen in einem Marktcheck unter die Lupe genommen. Darunter waren 28 klassische Eissorten auf Milchbasis mit einer kakaohaltigen Glasur, sechs mit einer Fruchtglasur und eine ohne Glasur. Außerdem zählten acht wasserbasierte Sorten mit unterschiedlichen Fruchtgehalten, sowie sechs Eissorten aus einer Mischung von milch- und fruchthaltigem Eis zum Marktcheck.

Überraschend fettreich

Wie immer fiel der Blick zunächst auf die Nährwerttabelle und Zutatenliste. Durchschnittlich enthielten 100 g Eis 225 kcal und 22 g Zucker, die Produkte auf Milchbasis waren am energie- und zuckerreichsten. Bei Eis ist wahrscheinlich vielen klar, dass es sich hier um eine Süßigkeit mit viel Zucker handelt. Doch Fett liefert die Köstlichkeit am Stiel manchmal auch mehr als gedacht – im Gesamtdurchschnitt 12 g, der Spitzenreiter jedoch ganze 26 g Fett pro 100 g Eis. Die Sorten auf Milchbasis mit einer kakaohaltigen Glasur enthielten durchschnittlich rund 18 g pro 100 g und damit am meisten Fett. Wer weniger Fett in seinem Eis haben möchte, greift zu Eis mit einer Fruchtglasur oder zu Frucht- und Wassereis. Mit durchschnittlich fünf bzw. 0,6 g Fett pro 100 g Eis liegen sie deutlich unter den Produkten mit kakaohaltiger Fettglasur.
In der Eisdiele gibt es häufig Cremeeis oder Sahneeis, dafür gelten bestimmte Anforderungen  an den Milchfettanteil. Das Eis im Marktcheck enthielt immer auch pflanzliche Fette und darf deshalb diese Bezeichnungen nicht tragen. Aber auch mit weniger Milchfett enthalten einige Produkte noch viele gesättigte Fettsäuren. Sie sind ebenfalls ein Grund, weshalb Eis als Nascherei gilt. Die empfohlene Menge an gesättigten Fettsäuren von 7 - 10 % der täglichen Energiezufuhr kann ein Eis schon decken.

Zucker – bitte etwas weniger

Auch wenn größere Zuckermengen keine Überraschung im Eis sind, enthielt so manches Produkt doch einen sehr großen Anteil von bis zu 31 g Zucker in 100 g Eis. Bei Kindern ist das sicher sehr beliebt, doch problematisch ist, dass sich die Kinder an den stark süßen Geschmack gewöhnen könnten und in der Folge immer öfter nach stark gesüßten Leckereien fragen. Auch Fruchteise kämen gut mit weniger zugesetztem Zucker aus, da sie aufgrund des Fruchtgehalts bereits Fruchtzucker enthalten.

So viel kann in einem Stieleis sein
So viel kann in einem Stieleis sein

Kokosfett statt Palmöl – keine besonders gute Alternative

Palmöl ist in Verruf geraten, zum einen aufgrund der Abholzung von Regenwald für Anbauflächen, zum anderen wegen des enthaltenen Schadstoffes 3-MCPD, der durch das Raffinieren entsteht. Nur zwei der Eissorten im Marktcheck enthielten Palmöl, denn viele Hersteller folgen den Erwartungen der Verbraucher:innen und vermeiden es in ihren Produkten. Beide Hersteller bezogen es aus nachhaltigen Quellen. Dies kennzeichneten sie mit dem RSPO (Roundtable on Sustainable Palm Oil) Siegel.
Die übrigen Hersteller verwendeten statt Palmöl Kokosfett. Auch dies enthält den Schadstoff 3-MCPD, alledings in etwas geringerer Menge. Beim Kokosfett fehlten jedoch Belege für einen nachhaltigen Anbau. Theoretisch gibt es Kokosfett mit dem Rainforest Alliance Siegel, doch im Eis verwendete es keiner der Anbieter. Kokosfett stammt aus ähnlichen Anbaugebieten wie Palmöl. Problematisch ist, dass Kokospalmen deutlich weniger Ertrag bringen als Ölpalmen. Für die gleiche Menge Rohstoff ist mehr Anbaufläche notwendig, die nach aktueller Lage häufig nicht mit nachhaltigen Methoden bewirtschaftet wird. Die Preise für Kokosfett auf dem Weltmarkt sind momentan deutlich über denen der verrufenen Alternative und das Angebot ist kleiner. Das könnte sich jedoch ändern, wenn die Nachfrage nach dem Palmölersatz weiterhin steigt.

Fruchteis oder Eis mit Fruchtgeschmack?

Alle Fruchteissorten enthielten einen gewissen Fruchtanteil. In manchen Fällen war der Anteil mit unter 2,5 % jedoch verschwindend gering.
Bei Mehrfruchteis war aber nicht jede Frucht, die draufstand, auch tatsächlich drin. Wer Wert auf echte Frucht legt, muss auf die genaue Formulierung achten: wenn „Eis mit Himbeergeschmack“ draufsteht, muss die Himbeere als Frucht nicht enthalten sein. Dann reicht es aus, dass lediglich Aroma enthalten ist, welches nach Himbeere schmeckt. Besser ist das „Himbeereis“, denn hier ist auch wirklich Himbeere drin. Jedoch ist es möglich, dass weitere Obstsorten enthalten sind, die nicht auf der Verpackungsfront beworben werden.
Bei der untersuchten Stichprobe kamen nur vier Eissorten ohne zugesetztes Aroma aus. Alle anderen enthielten natürliche Aromen (29) und / oder „Aroma“ (18). Taucht der Begriff „Aroma“ in der Zutatenliste auf, handelt es sich sehr wahrscheinlich um ein künstlich hergestelltes Aroma. Allerdings kann sich auch natürliches Aroma oder natürliches Fruchtaroma dahinter verbergen, sodass eine eindeutige Zuordnung nicht möglich ist.
Was die Unterschiede sind, können Sie hier nachlesen.

Alkohol ist nicht kennzeichnungspflichtig, wenn Hersteller ihn als Lösemittel verwenden, so kann in Aromen Alkohol enthalten sein. Aromahaltige Eissorten sind für Muslime, die komplett auf Alkohol verzichten möchten, daher nicht geeignet. Hier hilft nur die Nachfrage direkt beim Unternehmen, um Gewissheit über die genaue Zusammensetzung zu haben.

Schön bunt soll es sein

Nachdem einige Farbstoffe wie z.B. Azofarbstoffe in der Vergangenheit in Kritik geraten waren, haben viele Hersteller auf unbedenkliche Alternativen umgestellt. Seit 2010 muss bei der Verwendung von Azofarbstoffen (wie Tartrazin, Azorubin oder Gelborange) oder dem Farbstoff Chinolingelb ein Warnhinweis auf der Verpackung stehen, dass die Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigt werden kann.
Weitere Informationen zu Azofarbstoffen finden Sie hier.

Der Marktcheck zeigt, dass es auch ohne diese bedenklichen Stoffe geht. Wenn überhaupt Farbstoffe zum Einsatz kamen, dann unkritische bzw. wurden auch färbende Lebensmittel verwendet wie Rote-Bete-Saft oder Karottensaftkonzentrat.  
Eine Übersicht über Alternativen zu kritischen Farbstoffen finden Sie hier.
 

Polyglycerin-Polyricinoleat – bitte was?

Bei diesem unaussprechlichen Zusatzstoff handelt es sich um einen Emulgator bzw. Stabilisator mit der E-Nummer 476. Emulgatoren bewirken, dass sich Fett und Wasser entgegen ihrer normalen Eigenschaften mischen. Emulgatoren kommen deshalb bei der Herstellung von Speiseeis oft zum Einsatz. E476 wird häufig in Verbindung mit Lecithin verwendet, weil es dessen emulgierende Wirkung verstärkt. Der Stoff war in zwei Milcheisprodukten mit Schokoüberzug vorhanden. Hier sorgt der Zusatzstoff dafür, dass sich die Fließeigenschaft der Schokoglasur verbessert und sich das Eis später besser wieder aus der Form löst.

Für Polyglycerin-Polyricinoleat hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine erlaubte Tagesdosis festgelegt. Dieser Wert steht für die unbedenkliche tägliche und lebenslange Aufnahmemenge einer Substanz. Solange diese nicht überschritten wird, gilt der Zusatzstoff als gesundheitlich unbedenklich. Das bedeutet aber auch, dass er nicht uneingeschränkt empfehlenswert ist und von häufigem Verzehr oder dem Verzehr größerer Mengen abzuraten ist.

Ohne geht’s nicht – Verdickungsmittel und Stabilisatoren

Keines der untersuchten 49 Stieleise kam ohne Zusatzstoffe wie Verdickungsmittel und Stabilisatoren aus. Um eine cremige und definierte Konsistenz zu erreichen, scheinen sie bei der industriellen Herstellung unabdingbar: beispielsweise Guarkernmehl, Johannisbrotkernmehl, Carrageen oder Xanthan. Diese Stoffe sind als unkritisch anzusehen. Schade ist jedoch, dass sie selbst im Wassereis zu finden sind, denn bei Zusatzstoffen gilt: weniger ist mehr!

„100% natürliche Zutaten“ – von wegen

Dieser Hinweis auf der Schauseite eines Eises mit Käsekuchengeschmack hat uns neugierig gemacht. Ein Blick auf die Zutatenliste zeigte jedoch einen Stabilisator, einen Emulgator und natürliches Aroma. Das sind Stoffe, die unserer Meinung nach mit Natürlichkeit nichts zu tun haben und die Verbraucher:innen in dem Produkt nicht erwarten.

Kaugummistiel

Zwei Eis haben einen Stiel aus Kaugummi – bei Kindern besonders beliebt. Diese Stiele sind durch eine stabile Plastikhülle vom Eis getrennt. Das Kaugummi enthält in beiden Fällen mehrere Süßungsmittel, diese können bei übermäßiger Zufuhr abführend wirken und Bauchweh zur Folge haben. Für die meisten Zuckerersatzstoffe gibt es ebenfalls von der EFSA festgelegte Tageshöchstmengen, die bei Kindern aufgrund des geringeren Körpergewichts schneller erreicht werden.  
Mehr zum Thema Zucker und Süßungsmitteln erfahren Sie hier.
 

Erdbeer-Knusper und Knister-Brause

Ein Eis kommt mit prickelnden Brausebonbonsplittern und Erdbeer-Knusperstückchen auf der Glasur daher, die beim Lutschen „lustig knallen und knistern“ sollen. Der Knister-Effekt rührt daher, dass durch den Kontakt mit dem Speichel die Brause in Kohlensäure umgewandelt wird, die dann für das prickelnde Gefühl sorgt.

Grüner Frosch auf dem Eis

Wer die Verpackung von einigen Eissorten schon mal genauer angesehen hat, dem ist vielleicht ein Siegel mit einem grünen Frosch aufgefallen. Die Organisation Rainforest Alliance setzt sich für eine nachhaltigere Land- und Forstwirtschaft ein. Dazu zählen soziale und ökologische Projekte. Meistens ist der Kakao im Eis mit diesem Siegel zertifiziert. 10 der 30 Produkte mit Kakao trugen das Siegel. Auch das UTZ Siegel zertifiziert einen bewussteren Anbau unter anderem von Kakao und war auf zwei weiteren Produkten zu finden.

Woraus sind eigentlich Eisstiele?

Eisstiele bestehen meist aus Buchenholz, welches auch aus Deutschland kommen kann. Das Holz wird dafür in dünne Bahnen geschnitten, aus denen die Eisstiele ausgestanzt werden. Das PEFC Siegel steht für eine nachhaltige Waldwirtschaft und zertifizierte vier Eisstiele im Marktcheck.
Wer nach dem Eisessen mit den Stielen noch etwas Kreatives anstellen möchte, findet zahlreiche Bastelanleitungen für jede Altersklasse. Auch als beschreibbare Markierung für die nächste Reihe Radieschen im Beet oder im Topf auf der Fensterbank eignen sich die Stiele hervorragend.

Preise

Die Grundpreise pro 100 ml zeigten beim Vergleich der Großpackungen eine enorme Spannweite: Das günstigste Eis lag bei 0,28 € und das teuerste kostete stolze 2,50 € pro 100 ml. Im Mittel lag der Preis für ein Eis bei 0,77 € pro 100 ml. Hier lohnt es sich auf jeden Fall, auf den Grundpreis zu achten und diesen zu vergleichen.

Unser Tipp: Stieleis selber machen

Wer Lust auf Eis hat und etwas Zeit mitbringt, der kann es auch selber machen. Besonders einfach gelingt Fruchteis. Dafür gefriergeeignete Formen  aus Silikon oder Polypropylen mit dem gewünschten Fruchtsaft oder Püree füllen, den Stiel hineinstecken und ab in den Gefrierschrank. Essbare Blüten, Fruchtstückchen oder Beeren können das Eis nicht nur zu einem geschmacklichen Genuss, sondern auch zu einem Highlight für die Augen machen.

Wichtig: zum Einfrieren sind Lebensmittelverpackungen wie Joghurtbecher, Plastikfolien oder Ähnliches nicht geeignet, sie können beim Einfrieren unerwünschte Stoffe an das Eis abgeben.

Förderhinweis HB Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz

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