Energieschulden: Oft nur die Spitze des Eisberges

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Manchmal ist die Sorge um Energieschulden der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Verbraucher:innen, die sich finanziell übernommen haben und den Schuldenberg nicht mehr allein stemmen können, sollten schnellstmöglich Hilfe suchen.
Älterer Herr mit Rechnung

Das Wichtigste in Kürze:

  • Machen Sie einen Kassensturz und verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Finanzen.
  • Seien Sie vorsichtig bei Dispokrediten, Krediten ohne Schufa oder Umschuldungen: Diese sind oft Einfallstore für die Überschuldung.
  • Lassen Sie sich frühzeitig von Expert:innen beraten und unterstützen: Je länger Sie warten, desto größer wird der Schuldenberg.
  • Manchmal führt allein die Privatinsolvenz raus aus der Überschuldung.
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Energieschulden

Bei vielen Verbraucher:innen, die Rat suchen, weil sie die Energierechnungen nicht zahlen können, wird deutlich: Die Energieschulden sind nur die Spitze des Schuldenberges. Neben den Forderungen der Energieversorger bestehen häufig viele weitere Zahlungsverpflichtungen und die Ratsuchenden kämpfen bereits mit einer Überschuldung.

Überschuldung: Wann liegt sie vor?

Überschuldet sind Privathaushalte dann, wenn ihre wirtschaftliche Situation von Schulden geprägt ist und sie Zahlungsverpflichtungen dauerhaft nicht erfüllen können. Oder auch dann, wenn nach Abzug aller Forderungen weniger als das Existenzminimum zum Leben, also für Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Hygiene und Gesundheit, bleibt. Das Existenzminimum liegt im Jahr 2023 bei 10.980 Euro pro erwachsener Person und Jahr. Das sind 909 Euro pro Monat. Wenn es also an vielen Stellen klemmt und Verbraucher:innen den Überblick über ihre Finanzen und Forderungen verlieren, hilft im ersten Schritt ein Kassensturz.

➨Tipp: Listen Sie detailliert auf, welche Einnahmen und Ausgaben Sie monatlich haben. Rechnungen, die Sie quartalsweise, halbjährlich oder nur einmal pro Jahr zahlen, teilen sie dafür auf zwölf Monate auf. Dann prüfen Sie: Wie viel Geld bleibt Ihnen nach Abzug aller Ausgaben am Ende des Monats übrig? Übersteigen die Ausgaben die Einnahmen und wenn ja, in welcher Höhe? Wenn Sie selbst keine Lösung finden, suchen Sie sich so schnell wie möglich Hilfe. Denn je länger Sie warten, desto größer wird der Schuldenberg.

  • Können Sie die Einnahmen erhöhen? Wohngeld, Bürgergeld und Co.

Recherchieren Sie selbst oder lassen Sie sich bei Beratungsstellen, Jobcenter oder Sozialamt kompetent beraten: Haben Sie Anspruch auf Sozialleistungen? Erst kürzlich wurde sowohl die Einkommensgrenze für Wohngeld als auch die Höhe des Wohngeldes erhöht. Außerdem werden bei der Wohngeldberechnung nun auch Kosten für Heizung und Warmwasser berücksichtigt. Auf der Seite des zuständigen Bundesministeriums finden Sie einen Wohngeldrechner, mit dem Sie Ihren voraussichtlichen Anspruch berechnen können. In diesem Jahr können Menschen, die aufgrund hoher Energierechnungen an ihre finanziellen Grenzen stoßen, auch das Bürgergeld für Heizkosten beantragen. Allerdings sind hier Fristen zu wahren: Betroffene haben nach Fälligkeit der Rechnung oder Nachzahlung drei Monate den Antrag beim Jobcenter zu stellen.

  • Welche Ausgaben lassen sich verringern?

Prüfen Sie, wo Sie im Alltag Geld einsparen können. Bedenken Sie dabei immer auch den Kostentreiber Energie und gehen Sie sparsam mit Strom und Gas um. Einige Beispiele: Wenn Sie bei Kälte lüften oder für einige Tage verreisen, drehen Sie die Heizung herunter. Elektrische Geräte, die Sie gerade nicht nutzen, ziehen Sie aus der Steckdose. Räume, in denen Sie sich nicht befinden, müssen nicht beleuchtet werden. Achten Sie bei Waschmaschine und Spülmaschine auf geringere Wassertemperaturen und volle Beladung. Aber auch ein Versicherungscheck kann unter Umständen bares Geld sparen: Gehen Sie also Ihre Versicherungsverträge durch und überlegen Sie, welche Sie davon tatsächlich benötigen. Auf Reiserücktritt-, Geräte- oder Brillenversicherungen können sie beispielsweise verzichten. Eine private Haftpflicht dagegen ist ein Muss.

Ich kann meine Rechnungen nicht mehr bezahlen: Was soll ich tun?

Verbraucher:innen, die bereits unter enormen finanziellen Druck stehen und dann zusätzlich mit hohen Energiekosten konfrontiert werden, überziehen oftmals ihr Girokonto oder suchen in "Krediten ohne Schufa" einen Ausweg – doch das kann böse Folgen haben. Das sollten Sie beachten, wenn Ihnen die Abschläge für Strom und Gas über den Kopf wachsen oder Sie die Jahresabrechnung nicht begleichen können:

Verhandeln Sie mit Ihrem Versorger

Ist die Jahresabrechnung Ihres Energieversorgers so hoch, dass sie den Betrag nicht zahlen können, suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Gas- oder Stromanbieter. Versorger bieten meistens auf freiwilliger Basis eine Ratenzahlung an. Im Fall einer Sperrandrohung sind sie sogar gesetzlich dazu verpflichtet Ihnen eine sogenannte "Abwendungsvereinbarung" anzubieten. Diese beinhaltet einen zinslosen Ratenplan mit Mindestlaufzeiten: Bei Schulden die 300 Euro übersteigen sind es 12-24 Monate. In finanziell besonders schwierigen Zeiten können Sie nach voriger Absprache die Ratenzahlungen für maximal 3 Monate stunden, sprich aussetzen.

Überbrücken Sie mit Ihren Rücklagen

Sollten Sie über Rücklagen verfügen, setzen Sie bevorzugt diese zur Überbrückung des finanziellen Engpasses ein. Guthabenzinsen sind in der Regel niedriger als Kredit- oder Darlehenszinsen. Sobald es Ihnen wirtschaftlich besser geht, stocken Sie Ihre Rücklagen wieder auf. Expert:innen empfehlen, Rücklagen in Höhe von 3 bis 5 Nettomonatseinkommen zu bilden.

Nutzen Sie Dispokredite nur für kurzfristige Engpässe

Wenn Rücklagen fehlen: Vermeiden Sie möglichst den Dispokredit oder nutzen Sie diesen nur zur kurzfristigen Überbrückung. Denn das Konto zu überziehen ist teuer:  Banken verlangen dafür Dispozinsen zwischen 4 bis 14 Prozent pro Jahr. Das bedeutet konkret: Wenn Sie zwei Wochen im Monat etwa 1000 Euro des Dispokredites nutzen, zahlen Sie beim günstigsten Anbieter 19 Euro und beim teuersten 63 Euro im Jahr. Seit der Zinswende im vergangenen Jahr gilt auch hier: Tendenz steigend.

  1. Schulden Sie einen Dispokredit in Ratenkredit um
    Wenn Sie mit einem Dispokredit mittel- bis langfristig finanzielle Engpässe ausgleichen, laufen Sie Gefahr, sich zu überschulden. In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, den Dispokredit in einen Ratenkredit Ihrer Hausbank umzuschulden. Hier sind die Zinsen meist niedriger und Sie zahlen mithilfe von Raten Ihre Schulden ab.
  2. Finger weg von Krediten ohne Schufa
    Haben Sie immer im Hinterkopf: Banken wollen Geld verdienen. Wenn diese Ihnen keinen Kredit vergeben, ist das eindeutig als Warnsignal zu werten. Sogenannte Kredite ohne Schufa sind dann erst recht keine Alternative: Hinter den Anbietern von Krediten ohne Schufa stecken Kreditvermittler:innen, die Ihre Anfragen lediglich an Banken weiterleiten – und das tun sie nicht umsonst. Sollte Ihnen im Zweifel tatsächlich ein Kredit gewährt werden, verteuert sich dieser durch das Tätigwerden der Kreditvermittler:innen.

Mittels Privatinsolvenz raus aus der Überschuldung

Manchmal ist der einzige Weg aus der Überschuldung die Privat- oder Verbraucherinsolvenz. Überschuldete Verbraucher:innen können sich nach der Insolvenzordnung innerhalb von drei Jahren von ihrem Schuldenberg befreien. Das geht auch dann, wenn während des Verfahrens kein pfändbares Einkommen oder Vermögen erzielt werden kann. Damit können auch völlig Mittellose an dem Insolvenzverfahren teilnehmen und schuldenfrei werden. Fragen und Antworten finden Sie hier: Privatinsolvenz – in 3 Jahren schuldenfrei?

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