• Fleischwerbung mit „Tierwohl“, oder „artgerecht“ wird oft falsch eingeschätzt, aussagekräftige Kriterien fehlen.
• Mehrheit der Befragten hält den gesetzlichen Mindeststandard für nicht artgerecht.
• Handel darf das Vertrauen der Verbraucher nicht ausnutzen: Verbraucherzentralen fordern klare und nachvollziehbare Informationen in der Fleischwerbung.
Wie schätzen Verbraucherinnen und Verbraucher die Werbung von Fleisch ein? Diese und andere Fragen sind Teil einer repräsentativen forsa-Umfrage im Auftrag der Verbraucherzentralen. So vermuten viele Verbraucherinnen und Verbraucher, dass das in unterschiedlichen Werbeprospekten als „artgerecht“ oder mit „Tierwohl“ beworbene Fleisch aus artgerechter Tierhaltung stammt, selbst wenn keine klaren Kriterien genannt werden. Solche Aspekte sind Vertrauenseigenschaften. Für Transparenz und Verlässlichkeit muss der Handel in der Werbung wahre und für Verbraucherinnen und Verbraucher nachvollziehbare Informationen liefern.
Werbung mit verlässlichen Informationen zu Fleisch aus tiergerechter Haltung ist rar. Verbraucherinnen und Verbraucher können nicht überprüfen, was hinter den Werbeaussagen steckt“, kritisiert Theodora Plate, Ernährungsexpertin von der Verbraucherzentrale Bremen. Immerhin erwartet etwa die Hälfte der Befragten, dass die Fleischprodukte, die unter dem Slogan „Herzenssache Geflügel…aus artgerechterer Haltung / Initiative Tierwohl“ (Netto Marken-Discount) beworben werden, auch aus artgerechterer Tierhaltung stammen. Doch klare Kriterien werden hier nicht genannt. Die beworbenen Fleischprodukte erfüllen nur minimal mehr als die gesetzlichen Mindestanforderungen. Bei einer Werbung für tatsächlich tiergerechter erzeugte Produkte („Für mehr Tierwohl“, Kaufland) sieht das Ergebnis ähnlich aus. Die Verbraucherzentralen beanstanden, dass aus der Masse an Werbebotschaften die aussagekräftigen Informationen nicht herausgefiltert werden können.
Haltungskennzeichnungen des Handels unbekannt – gesetzlicher Standard nicht artgerecht
2018 haben mehrere Handelsketten eigene, vierstufige Haltungskennzeichnungen für Frischfleisch ihrer Eigenmarken von Schweinen, Rindern, Hühnern und Puten in der Selbstbedientheke eingeführt: Von Stufe 1 „Stallhaltung nach gesetzlichem Standard“ bis Stufe 4 „Bio“ bzw. „Premium“-Standard. Wie die Umfrage zeigt, ist diese Klassifizierung jedoch weitgehend unbekannt. Nur 17 Prozent der Befragten geben an, die Haltungskennzeichnung auf Fleischpackungen schon einmal gesehen zu haben. Die Stallhaltung nach gesetzlichem Standard stößt bei den Befragten auf wenig Vertrauen: 80 Prozent stufen diese Tierhaltung eher nicht oder auf keinen Fall als artgerecht ein.
Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen Orientierung – Handel muss Verantwortung übernehmen
Obwohl sie weitgehend unbekannt ist, hält über die Hälfte (55 Prozent) der Befragten eine Haltungskennzeichnung für eher hilfreich beziehungsweise sehr hilfreich für den Kauf von Fleisch aus tiergerechter Haltung. Bei den Jüngeren unter 45 Jahren meinen das sogar fast drei Viertel. Das zeigt, Verbraucherinnen und Verbraucher suchen Orientierung beim Einkauf von Fleisch. Die vom Handel in diesem Jahr angekündigte Vereinheitlichung der Haltungskennzeichnung ist daher grundsätzlich zu begrüßen. Sie ersetzt aber nicht ein glaubwürdiges und verlässliches staatliches Tierwohlkennzeichen.
Die Ergebnisse und weitere Informationen zur Umfrage sind hier abrufbar.
Diese Information ist im Rahmen eines vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Ernährungsprojekts entstanden.