Mikroplastik und Kunststoffe in Kosmetik und im Meer

Stand:
Kläranlagen können Mikroplastik nicht vollständig zurück halten. Daher verschmutzen neben vielen anderen Plastikabfällen auch Plastikteilchen aus Kosmetikprodukten die Meere.
Ein Mann wäscht sich unter der Dusche die Haare

Das Wichtigste in Kürze:

  • In Kosmetik werden schwer abbaubare Kunststoffe in flüssiger und fester Form eingesetzt. Diese finden sich im Klärschlamm wieder und in Gewässern und Meeren.
  • Als Mikroplastik werden vor allem feste Teilchen kleiner 5 Millimeter bezeichnet.
  • Zertifizierte Naturkosmetik mit Siegel enthält keine Kunststoffe aus Mineralöl.
  • Die EU-Kosmetik-Verordnung stellt keine Anforderungen an die biologische Abbaubarkeit von Kosmetikinhaltsstoffen.
  • Das Mikroplastik-Verbot von 2023 untersagt in bestimmten Bereichen den absichtlichen Einsatz von Mikroplastik mit Übergangsfristen von bis zu 12 Jahren.
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Was ist Mikroplastik?

Laut Verordnung, die am 27. September 2023 zu einem europaweiten Verbot von Mikroplastik veröffentlicht wurde, versteht man unter Mikroplastik synthetisch hergestellte, feste, wasserunlösliche und biologisch nicht abbaubare Kunststoffteilchen. Um als Mikroplastik zu gelten, müssen diese kleiner als 5 mm sein. Kunstofffasern dürfen nicht länger als 15 mm sein mit einem Länge-zu-Durchmesser-Verhältnis größer als 3. Das Gesetz sieht sieht für dekorative Kosmetik wie Make-up oder Lippenstifte sehr lange Übergangsfristen von 12 Jahren vor.

Man unterscheidet bei Mikroplastik generell zwischen kleinen Kunststoffteilchen, die mit Absicht eingesetzt werden, weil sie als kleine Partikel zum Beispiel in einem Lidschatten verwendet werden sollen (primäres Mikroplastik) und Kunststoffteilchen, die aus Plastikabfällen erst nach und nach durch Zerkleinerung in der in der Umwelt entstehen (sekundäres Mikroplastik).

In welchen Produkten wird Mikroplastik jetzt verboten?

  • Ab Oktober 2023 ist es verboten, Mikroplastikperlen („Microbeads“) zur Verwendung als Abrasivstoff, d. h. zum Peelen, Polieren oder Reinigen, zu verwenden. Diese wurden hauptsächlich in auszuspülenden/abzuspülenden kosmetischen Mitteln oder in Waschmitteln eingesetzt. In diesem Fall wurde keine Übergangsfrist eingeräumt, da davon ausgegangen wurde, dass die Industrie ihre Verwendung bereits freiwillig eingestellt hat.
  • Ab dem 17. Oktober 2029 dürfen keine synthetische Polymermikropartikel zur Verkapselung von Duftstoffen eingesetzt werden.

Das Mikroplastikverbot gilt außerdem,

  • ab dem 17. Oktober 2027 für auszuspülende/abzuspülende kosmetische Mittel wie Shampoo oder Duschgel.
  • ab dem 17. Oktober 2029 für Kosmetik, die auf der Haut/in den Haaren verbleibt wie Cremes oder Haargel.
  • ab dem 17. Oktober 2035 für Lippenstifte, Nagellacke und für Make-up-Produkte.
  • ab dem 17. Oktober 2028 für Wasch-, Pflege- und Reinigungsmittel, auch für Wachse, Poliermittel und Lufterfrischer.
  • ab dem 17. Oktober 2031 für Einstreugranulat für synthetische Sportböden.

Darüber hinaus gelten weitere Vorschriften zum Einsatz von Mikroplastik bei Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln etc.

Woher stammt das Mikroplastik aus dem Meer?

Mikroplastik, das in Meeren gefunden wird, stammt überwiegend von größeren Plastikabfällen. Aus den großen Plastikabfällen werden in der Umwelt mit der Zeit durch Wind, Wellen und Sonnenlicht immer kleinere Plastikteilchen.

Mikroplastik gelangt in großen Mengen auch über Reifenabrieb und durch das Waschen von Kleidung aus Kunststofffasern in die Meere. Kosmetik trägt verglichen mit diesen Quellen relativ wenig zur Mikroplastikverschmutzung von Gewässern und Meeren bei. Trotzdem sind die Zahlen alarmierend: 977 Tonnen Mikroplastik und 46.900 Tonnen gelöste Polymere gelangen jährlich in Deutschland allein aus Kosmetikprodukten sowie Wasch-, Pflege- und Reinigungsmitteln (WPR) ins Abwasser.

Ist Mikroplastik schädlich für die Gesundheit und die Umwelt?

Welche Auswirkungen auf die Gesundheit der Meereslebewesen oder der Menschen durch Mikroplastik zu erwarten sind, ist noch weitgehend unklar. Studien weisen aber darauf hin, dass das Einatmen oder Verschlucken von Mikroplastik beim Menschen gesundheitliche Schäden wie etwa Entzündungsreaktionen im Körper verursachen kann.

Mikroplastik wurde beim Menschen in sämtlichen Organgeweben, im Blut, in der Plazenta und im Stuhl nachgewiesen. Welche gesundheitlichen Auswirkungen das hat, ist derzeit Gegenstand der Forschung. In vitro und Tierversuche zeigen z. B., dass Mikroplastik Entzündungreaktionen auslösen kann. Laut zahlreicher Studien sind gesundheitliche Schäden durch die Aufnahme von Mikroplastik möglich.

Viele Kunststoffe werden nicht biologisch abgebaut sondern in immer kleinere Teilchen zerkleinert. Die Kunststoffe selbst können bereits gesundheitsschädigende Chemikalien wie bestimmte Weichmacher, Stabilisatoren oder Flammschutzmittel als Zusätze enthalten. Außerdem können Mikroplastikteilchen längst verbotene Schadstoffe wie PCB oder DDT binden, die in der Umwelt noch immer vorhanden sind.

Der Schadstoffgehalt auf dem Plastikteilchen selbst kann bis zu einer Million Mal höher sein als in dem umgebenden Wasser. Mikroplastik befindet sich aber nicht nur in Flüssen, Seen, im Meer oder in Lebensmitteln sondern auch in Böden und in der Luft.

In welchen Produkten findet man Mikroplastik?

In Zahnpasta und in abspülbarer Kosmetik wie Shampoo oder Duschgel verzichten die Hersteller seit einigen Jahren auf Schleifmittel aus Mikroplastik (sogenannte Mikroplastikperlen/Microbeads). Ab Oktober 2023 ist ihr Einsatz verboten. Zu anderen Zwecken, zum Beispiel als Trübungsmittel, können Mikroplastik und weitere Kunststoffe aber noch immer enthalten sein. In Kosmetik, die nicht sofort abgespült wird, also in Cremes, Lotionen und dekorativer Kosmetik wie Make-up, Mascara oder Lippenstift, verwenden viele Hersteller noch immer Mikroplastikpartikel und Kunststoffe. Das zeigt eine 2021 veröffentlichte Greenpeace-Studie.

Wissenschaftler:innen der Uni Münster und des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Münster Emscher Lippe wiesen nach, dass Salz- und Gewürzmühlen aus durchsichtigem Plastik neben dem Salz, das – wie viele Speisesalze – im ungemahlenen Zustand bereits Mikroplastikpartikel enthielt, noch zusätzliches Mikroplastik ins Essen rieseln lassen. Sie verglichen drei Mühlen mit Kunststoffmahlwerk mit zwei wiederbefüllbaren Mühlen, die ein Keramikmahlwerk, aber auch Kunststoffkomponenten hatten. Vor allem bei den beiden Plastikmühlen aus dem Kunststoff POM (Polyoxymethylen) lag die Zahl der insgesamt nachgewiesenen Mikroplastikpartikel im gemahlenen Salz besonders hoch: Sie befand sich im Bereich von mehreren Tausend Partikeln pro 100 Milligramm gemahlenem Salz.

Gibt es weitere umweltschädliche Kunststoffe in Kosmetik?

In Kosmetikprodukten werden Kunststoffe nicht nur in Form von festen Teilchen eingesetzt sondern auch als Wachse, Gele oder als flüssige Polymere. An deren  INCI (International Nomenclature of Cosmetic Ingredients)-Bezeichnung auf der Verpackung lässt sich oft nicht erkennen, ob es sich um Kunststoff in fester oder flüssiger Form handelt.

Lösliche Kunststoffe wie zum Beispiel Acrylsäure-Copolymere (INCI: Styrenes/Acrylates Copolymer) werden bei der Mikroplastikdiskussion nicht berücksichtigt. Doch biologisch schwer abbaubare Kunststoffe in Kosmetik belasten die Umwelt – unabhängig davon, ob sie als feste Teilchen vorliegen oder nicht. Bisher stellt die EU-Kosmetik-Verordnung keinerlei Anforderungen an die biologische Abbaubarkeit von Kosmetikinhaltsstoffen.

Video: Alles rund um Mikroplastik

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Wie kann ich Mikroplastik in Kosmetik erkennen und vermeiden?

  1. Peelings lassen sich z.B. aus Zucker und Öl ganz einfach selbst herstellen.
  2. Zertifizierte Naturkosmetik mit entsprechenden Siegeln ist frei von Mikroplastik auf Erdölbasis und anderen erdölbasierten Kunststoffen. Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wie Polymilchsäure (INCI: Polylactic Acid) sind in Naturkosmetik zwar nicht verboten, obwohl auch diese unter Umweltbedingungen nur sehr langsam abgebaut werden. Es gibt allerdings quasi keine Naturkosmetikprodukte, die Polymilchsäure enthalten.
  3. Mit der ToxFox App vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) lässt sich prüfen, ob Kosmetik Mikroplastik oder Kunststoffe enthält.
  4. Bei konventioneller Kosmetik ist es komplizierter, Kunststoffe zu vermeiden: Unter dem Stichwort "Ingredients" werden die enthaltenen Inhaltsstoffe nach der "International Nomenclature of Cosmetic Ingredients", kurz INCI, aufgelistet. Wenn Sie dort den Begriff "Polymer" finden, ist ein Kunststoff enthalten. Doch es gibt noch viele andere Bezeichnungen für Kunststoffe in Kosmetik.

Die folgende Liste enthält die INCI-Bezeichnungen einiger Kunststoffe in Kosmetik:

  • Acrylates Copolymer, Acrylates Crosspolymer
  • Allyl Stearate/VA Copolymer
  • Butylene/ethylene/styrene Copolymer
  • Ethylene/propylene/styrene Copolymer
  • Ethylene/acrylate Copolymer
  • Ethylene/methacrylate Copolymer
  • Polyamide, Nylon
  • Polyacrylate
  • Polymethyl Methacrylate
  • Polyquaternium
  • Polyethylene (PE)
  • Polyethylene Glycol (PEG-) (schwer abbaubar ab PEG-50)
  • Polyethylene Terephthalate (PET)
  • Polypropylene Terephthalete
  • Polybutylene Terephthalate
  • Polypropylene (PP)
  • Polypropylene Glycol (PPG) (schwer abbaubar ab PPG-50)
  • Polystyrene (PS)
  • Polytetrafluoroethylene
  • Polyurethane (PUR)
  • Styrene acrylates Coplymer
  • Silikone z.B. Cyclotetrasiloxane, Cyclopentasiloxane, Cyclohexasiloxane, Cyclomethicone / Silsesquioxane / Trimethylsiloxysilicate (Siliconharz)
Drei dichte Stapel gepresster Einweg-Plastikflaschen

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