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Chronologie der Gerüchte

Stand:
"Von anonymen Briefen und E-Mails mit gefälschtem Absender" - eine Chronologie der Gerüchte und tatsächlichen Ereignisse rund um die Verbraucherzentrale Bremen
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Stand: Freitag, 27. Januar 2023 - 15:00 Uhr

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Die Medien haben in den vergangenen Wochen mehrfach kritisch über die Verbraucherzentrale Bremen berichtet. Was sie nicht erwähnen ist die lange Vorgeschichte: Seit mittlerweile einem Jahr versuchen Dritte den Ruf der Verbraucherzentrale Bremen und ihrer Vorständin zu schädigen.
Deshalb haben die kommissarische Verwaltungsratsvorsitzende Sina Dertwinkel, die Betriebsratsvorsitzende Sarina Segelhorst und die Vorständin Dr. Annabel Oelmann beschlossen, den Gang der Geschehnisse hier chronologisch, nach bestem Wissen und in gebotener Kürze aufzulisten.

Januar 2022
Mehrere herausgehobene Personen im Umfeld der Verbraucherzentrale Bremen erhalten ein anonymes Schreiben mit Vorwürfen gegen die Verbraucherzentrale. Das Spektrum reicht von der vermeintlichen Nichteinhaltung der 2G- bzw. 3G-Regeln über die mutmaßliche Untätigkeit des Betriebsrats bis hin zum angeblich viel zu hohen Krankenstand unter den Beschäftigten.
Die Vorständin führt zeitnah persönliche Gespräche mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Hierbei zeigt sich, dass die Behauptungen vollkommen haltlos sind und von keinem Beschäftigten wiederholt oder gar bestätigt werden.

Februar 2022
Das anonyme Schreiben gelangt auf bisher unbekannten Wegen an die Öffentlichkeit. Journalisten von Radio Bremen sprechen die damalige stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende auf Inhalte des Schreibens an.
10. Februar 2022: Verwaltungsrat, Betriebsrat und Vorständin veröffentlichen eine gemeinsame Stellungnahme und weisen die Vorwürfe zurück.

März 2022
Erneut tauchen anonyme Vorwürfe gegen die Verbraucherzentrale Bremen auf – dieses Mal in einer E-Mail an alle Beschäftigten und Verwaltungsräte mit einer gefälschten Absenderkennung eines Betriebsratsmitglieds. Unter dem Betreff "Betriebsratswahlen-STOPPEN-rechtswidrig" finden sich unwahre Behauptungen über angeblich unhaltbare Zustände. Das Spektrum der Vorwürfe reicht nun von angeblichen Verstößen gegen das Betriebsverfassungsgesetz über mutmaßlich nicht rechtmäßige Wählerlisten bis hin zur vermeintlich rechtswidrigen Bestellung des Wahlvorstands.

April 2022
Der Briefumschlag mit dem anonymen Schreiben an die damalige Verwaltungsratsvorsitzende aus dem Januar 2022 wird an die Verbraucherzentrale Bremen übergeben. Die Vorständin leitet diesen an die Polizei weiter und erstattet Anzeige wegen übler Nachrede gegen Unbekannt.

September 2022
Die Polizei reicht den handschriftlich beschrifteten Umschlag des anonymen Briefes an die Verbraucherzentrale zurück. Hierbei fällt die Ähnlichkeit der Handschrift auf dem Briefumschlag mit der Handschrift eines Mitarbeiters auf. In Anbetracht der enormen Rufschädigung für die Verbraucherzentrale und um den betreffenden Mitarbeiter nicht zu Unrecht zu verdächtigen, wird nach Rücksprache mit der damaligen Verwaltungsratsvorsitzenden ein graphologisches Gutachten in Auftrag gegeben.

Die Energiepreisentwicklung verunsichert viele Menschen. In der Folge geben die Beschäftigten der Verbraucherzentrale Bremen den Verbrauchern in zahlreichen Interviews Tipps zum richtigen Verhalten. Die Vorständin äußerte sich ebenfalls in verschiedenen Medien zu den rasant gestiegenen Energiekosten:

2. September 2022: "3 nach 9" (Radio Bremen)

6. Oktober 2022: "Maybrit Illner" (ZDF)

15. Oktober 2022: Youtube-Kanal des ehemaligen Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt (mit mittlerweile fast 300.000 Abonnenten)

15. Oktober 2022: „Felix Krömer fragt … Annabel Oelmann“ (Radio Bremen/buten un binnen)

Etwa zeitgleich liegt das Schriftgutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vor. Es bestätigt, dass die Schriftzüge auf dem Briefumschlag aus dem Januar 2022 mit "überwiegender Wahrscheinlichkeit" vom einem Mitarbeiter der Verbraucherzentrale stammen. Dieser soll zeitnah zu den Vorwürfen persönlich angehört werden, meldet sich jedoch zum vereinbarten Termin krank.

November 2022
Eine schriftliche Anhörung des Mitarbeiters kann wegen seiner Krankmeldung zunächst nicht durchgeführt werden. Kurze Zeit später gibt er über seine Rechtsanwältin dann doch eine schriftliche Stellungnahme ab. Im Lichte der Gesamtumstände des Falls und mit Zustimmung des Betriebsrats wird das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters gekündigt.

Wenige Tage später verschickt die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz ein Schreiben an die Mitglieder des Verwaltungsrats der Bremer Verbraucherzentrale. Darin berichtet sie über nicht näher benannte vermehrte „Zuschriften mit Beschwerden über die Verbraucherzentrale Bremen" über ein angeblich "schwieriges Betriebsklima" in der Verbraucherzentrale. Persönlich kritisiert die Senatorin die Vorständin auch für ihr Interview mit Julian Reichelt. Nicht die Inhalte des Interviews seien dabei kritisch, sondern vielmehr das "sexistische Verhalten" und die "rechtsoffene Haltung" des Journalisten.

Der Verwaltungsrat hat sich daraufhin mehrfach im November zusammengesetzt und eine Antwort an die Senatorin diskutiert. Die Verbraucherzentrale Bremen ist als weitgehend steuerfinanzierter, gemeinnütziger Verein qua Satzung parteipolitisch unabhängig. Der Vorstand der Verbraucherzentrale ist kein politisches Amt. Die Satzung ergänzt die im Grundgesetz garantierte Meinungs- und Pressefreiheit. Der Verwaltungsrat einigte sich auf eine Antwort für die Senatorin und distanzierte sich darin klar gegen jegliche Form von Extremismus und Populismus. Zugleich lehnte der Verwaltungsrat eine Einschränkung der Öffentlichkeitsarbeit ab.

30. November 2022: Die Verwaltungsratsvorsitzende tritt vom Vorsitz zurück und scheidet aus dem Verwaltungsrat aus.

Dezember 2022
1. Dezember 2022: Die stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende übernimmt den kommissarischen Vorsitz und schickt die ausführliche, vierseitige Stellungnahme, auf die sich der Verwaltungsrat geeinigt hatte, an die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz. Die "Arbeit der Vorständin und des gesamten Teams" verdienen … den "Respekt des Verwaltungsrats", denn sie leisten "für Verbraucher:innen im Bundesland Bremen und darüber hinaus unglaublich viel".

Die zurückgetretene Verwaltungsratsvorsitzende wandte sich daraufhin an die Bremer Medien und präsentierte sich als „Vorkämpferin gegen rechts“. buten un binnen und Weser-Kurier berichteten; die Chefredakteurin des Weser-Kurier kommentierte das Geschehen mit den Worten, dass das Interview mit dem Ex-Bild-Chefredakteur nicht für einen „ausgewachsenen Skandal“ reiche – „außer in Bremen“. Noch deutlicher wurde der langjährige ehemalige Chefredakteur des Weser Report in seinem Blog Bremensogehen: „Donnerwetter, jetzt will eine Minderheit der Mehrheit nicht nur vorschreiben, wie sie zu gendern und zu formulieren hat, jetzt wollen einige Herrschaften schon vorschreiben: Wer mit wem zu reden hat.“

Am gleichen Tag wandte sich der Vorsitzende des DGB Bremen-Elbe-Weser an den Verwaltungsrat und an die Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen. Mitunterzeichner sind der ver.di Bezirksgeschäftsführer Bremen-Nordniedersachsen und der Regionsgeschäftsführer NGG Bremen-Weser-Elbe. Sie sparen nicht mit Kritik am oben genannten Interview. Es werden dort den „rechtspopulistischen Strukturen“ unisono attestiert, gleich die „demokratische Grundordnung zu untergraben“. Es bestehen bei der Vorständin als Person „erhebliche Zweifel“ an ihrer „Abgrenzung zu Rechtspopulisten“. Die Einholung des Sachverständigengutachtens „empfinden“ die drei Gewerkschafter als „sehr schlechten Führungsstil und als Verschwendung von Mitteln“ und es sei „skandalös“, „auf dieser Grundlage auch noch arbeitsrechtliche Schritte gegen den Beschäftigten einzuleiten.“

5. Dezember 2022: Die Vorständin sitzt auf dem „Roten Sofa“ beim NDR-Fernsehen und spricht zum Thema Gaspreisbremse.

20. Dezember 2022: Vor dem Arbeitsgericht Bremen findet im Zusammenhang mit der Kündigung des Mitarbeiters der Gütetermin statt. Am Abend berichtet "buten un binnen"; sowohl der gekündigte Mitarbeiter als auch der Bremer DGB-Vorsitzende äußern sich.

21. Dezember: Der Betriebsrat veröffentlicht auf der Webseite der Verbraucherzentrale eine Stellungnahme zur aktuellen Berichterstattung: „Der Betriebsrat wurde von Frau Dr. Oelmann während des gesamten Vorgangs wiederholt und vollumfänglich informiert. Die Kritik an Ihrer Person und dem Führungsstil können wir nicht nachvollziehen und wird aus der Belegschaft auch nicht an uns herangetragen. Wir stehen in dieser Angelegenheit an der Seite von Frau Dr. Oelmann.“

Januar 2023
Januar 2023Der Verwaltungsrat lädt die 18 Mitglieder der Verbraucherzentrale für Februar 2023 zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung ein. Im Vorfeld hatten zwei Mitglieder der Verbraucherzentrale Bremen - der DGB Bremen und die Gewerkschaft NGG - von der Vorständin eine Stellungnahme zu den diversen „Kritikpunkten“ an der Verbraucherzentrale Bremen und an ihrer Person verlangt. Die Vorständin äußert sich dazu ausführlich und versendet eine Stellungnahme an die 18 Mitglieder der Verbraucherzentrale.

14. Januar 2023: „buten und binnen“ (Radio Bremen) berichtet auf der Webseite über diese vertrauliche Stellungnahme.

21. Januar 2023: Der „Weser-Kurier“ berichtet, unbekannte Dritte hätten in einer anonymen E-Mail angeblich interne Dokumente der Verbraucherzentrale Bremen an Medien und Politiker verschickt. Die Verwaltungsratsvorsitzende sieht darin einen Verstoß gegen den Datenschutz. Die Vorständin erstattet Strafanzeige nach §42 Bundesdatenschutzgesetz gegen Unbekannt. 

Februar 2023
16.Februar 2023: Es fand eine außerordentliche Mitgliederversammlung der Verbraucherzentrale Bremen statt.
Auf der Tagesordnung standen insbesondere drei Punkte:

1. DGB-Antrag zu einer Mediation für die Belegschaft: Der Bremer DGB und die Gewerkschaft NGG hatten den Antrag gestellt, dass die Verbraucherzentrale Bremen „unter Einbeziehung externer Mediatoren ein Mediationsverfahren innerhalb der Belegschaft und in Absprache mit der zuständigen Gewerkschaft Verdi“ umsetzen solle. Darüber haben die Mitglieder lebhaft debattiert. Die Betriebsratsvorsitzende bekräftigte das, was sie bereits in einer Stellungnahme im Dezember 2022 gesagt hatte. Letztlich wurde der DGB-Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.

2. Antrag der Partei Die Linke zur Pressearbeit der Vorständin: Die Partei Die Linke hatte beantragt, die Mitgliederversammlung möge beschließen, „die Mitgliederversammlung ist … der Überzeugung, dass ein solcher Auftritt eine Fehleinschätzung darstellt und ein einmaliger Ausrutscher gewesen ist und bleiben wird“. Auch zu diesem Antrag gab es eine lebhafte Diskussion. Angeführt wurden u. a. die im Grundgesetz garantierte Presse- und Meinungsfreiheit. Eine Abstimmung gab es aber nicht, da die Partei Die Linke ihren Antrag vorher zurückgezogen hatte.

3. Wahl eines fünften Verwaltungsratsmitglieds: Es gab eine Kampfabstimmung um den durch den Rücktritt der SPD-Verwaltungsratsvorsitzenden freigewordenen fünften Sitz im Verwaltungsrat. Zur Wahl stellten sich der Verein Haus & Grund Landesverband Bremen e.V. und die SPD. Die Mehrheit der Mitglieder wählte die SPD. Damit sitzen ab sofort wieder drei Parteienvertreter (CDU, Grüne, SPD) im Verwaltungsrat sowie eine Vertreterin der Arbeitnehmerkammer und ein Vertreter der Bremer Aufbau-Bank.

Fortsetzung folgt …